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Konrad Klapheck
Studie zu Schicksal
1978
Kohle, Rot- und Blaustift auf Transparentpapier
146 x 64 cm
Beschreibung
Mit der Zeit entdeckte ich Regeln, die ich zu einem System ausbaute. Ich begann nun stets, indem ich mit Rotstift die senkrechte und die waagerechte Mittellinie auf die Leinwand zog und so ein Koordinatenkreuz erhielt, auf das ich mich beim Anlegen meines Winkeldreiecks besser verlassen konnte als auf die häufig durchgebogenen Außenkanten des Bildes. Nun gab es zahlreiche Verbote: Keine Linie durfte durch den Kreuzungspunkt laufen, kein Schnittpunkt zweier Kohlelinien auf das Rotstiftkreuz fallen. Alle Abstände zwischen den Schnittpunkten auf dem Kreuz mussten sich in ihrer Länge unterscheiden, keiner, auch nicht als Summe zweier Abstände, durfte sich wiederholen.

Ich arbeitete mit dem Zollstock, bedeckte die Zeichnungen mit Zahlen, und wenn die Verkürzungsprobleme der Perspektive hinzukamen, wurde der Taschenrechner mein Hauptinstrument. Und wozu das Ganze? Ich wollte die größtmögliche Spannung, die größtmögliche Asymmetrie erreichen, und bei der bewussten Vermeidung von Wiederholungen dachte ich an die Zwölftonmusik und ihr Verbot, einen Ton in der Zwölftonreihe zu wiederholen.

Die Hoffnung aber, mir das Zeichnen durch ein festes Reglement zu erleichtern, wurde ins Gegenteil verkehrt. Ich wusste oft nicht, ob ich etwas korrigierte, um meinen Regeln zu genügen, oder ob ich der Lösung meines Kompositionsproblems wirklich näherkam.



Klapheck, Konrad: Über meine Zeichnungen, in: Hofmann, Werner (Hrsg.): Konrad Klapheck. Retrospektive 1955-1985, München 1985, S. 26.



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Klapheck fand das auf den Kopf gestellte Fahrrad in einer Zeitungsannonce von Kaufhof. „Die Zeitungsseite bewahrte ich fast zehn Jahre lang auf, ehe ich mich der Aufgabe gewachsen fühlte.“, so Klapheck. Das Fahrrad wurde vollkommen neu durchkonstruiert, nicht etwa projiziert, wobei sich die Räder mit ihren 36 Speichen als besonders schwierig erwiesen. „Es muss ja nicht nur technisch einigermaßen glaubhaft wirken, sondern auch künstlerisch stimmen.“ Klapheck hatte in Frankreich die Nachschubwagen der Tour de France mit ihren Ersatzfahrrädern auf dem Dach gesehen. Das umgekehrte Rad erscheint als Folterinstrument und steht stellvertretend für den geschundenen Sieger.“



„Konrad Klapheck, Retrospektive 1955–1985“,

Hamburg, Tübingen, München (Hamburger Kunsthalle, Kunsthalle Tübingen,

Staatsgalerie moderner Kunst), 1985, S. 152.
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