Der Austern-Tanz...bei dem eine nackte Frau auf einer kleinen Bühne alleine zum Klavier tanzte. Die beste von ihnen war Olivia, the Oyster Dancer, die eine rohe Auster auf ihre Stirn legte, sich zurücklehnte und sie über ihren Körper gleiten ließ, ohne dass sie jemals herunterfiel. Die Auster wanderte kreuz und quer über ihren Körper bis hinunter zu ihrem Spann. Von da aus kickte sie sie in die Luft, fing sie wieder mit ihrer Stirn auf und begann den Vorgang von neuem.
Das zentrale Thema des Standes sind die psychologischen Auswirkungen der globalen Klimakrise auf persönlicher und kollektiver Ebene, gepaart mit einer Traumabewältigungsstrategie, die eine scheinbar ausweglose Situation beleuchtet.
Wie in früheren Arbeiten betont Anna McCarthy die Untrennbarkeit zwischen dem Privaten und dem Politischen, indem sie ein alltägliches Bild verwendet, um das große Ganze zu beschreiben: Ein glänzender Container, in dem – bei näherer Betrachtung – verschiedene Insekten in der elektrisch rosafarbenen, gelartigen Seife ertrinken, die normalerweise für Sauberkeit und Gesundheit steht, ist zum Aggressor geworden und erstickt seine ahnungslosen Opfer mit leuchtender Masse. Dieses Bild, das die zentrale Wand des Standes bedeckt, ist eine Metapher dafür, wie man sich durch die Ungeheuerlichkeit des Unrechts, durch das Ungleichgewicht zwischen Mensch und Natur, ohnmächtig und entkräftet fühlen kann.
Anstelle von „zurück zur Natur“ verfolgt McCarthy einen voll und ganz menschlichen Ansatz, indem sie Möglichkeiten für ein „vorwärts mit der Natur“ erkundet und hochgradig künstliche und natürliche Elemente innerhalb ihrer Präsentation gegenüberstellt. Die Objekte und Malereien wirken wuchernd und triefend. Die dargestellte Natur und larvenartigen Objekte scheinen etwas Neues zu gebären. Die Pflanzen sind auf zwei große PVC-Platten gemalt, die sich um weibliche Körper wickeln, als Symbole für die Heilung von Wunden, die Überwindung physischer und psychischer Traumata in Form von Wachstum. Die Keramikskulpturen schimmern weiß und spiegeln ihre Umgebung, ihre tropfenartigen Formen laufen an den Wänden herunter, als würden sie den Raum erobern. Diese austern- und wurmartigen Weichtiere erobern allmählich den Stand, vielleicht sogar die ganze Messe und läuten jubelnd eine neue Ära ein.
Menschen existieren nicht mehr nur als Wesen binärer Geschlechter, sondern haben sich in ein friedliches, unabhängiges und sich selbst reproduzierendes Hybrid verwandelt – halb Mollusk, halb Frau. Männer sind überflüssig geworden, ähnlich wie die wilde Auster ist dieses Wesen ein Überlebender, das das Patriarchat, seine Gewalt und seine Gier ersetzt hat – daher kann diese Spezies auch nicht nutzbar gemacht oder verzehrt werden. Die Kreaturen haben gelernt, unter Wasser zu atmen, und ahmen japanischen Taucherinnen, so genannten Ama Divers, nach. Ihre Körper sind eins mit dem Wasser, osmotische Wesen, die
sich in einem Kreislauf stets erneuern.
Die Präsentation "Creatures in the Soap" von Anna McCarthy ist der Beitrag von Sperling auf der Liste Art Fair Basel 2023